Hauptbahnhof Berchtesgaden

September 2022

Berchtesgaden ist die kleinste Gemeinde Deutschlands, die nicht nur einen Bahnhof (Bf) hat, sondern einen Hauptbahnhof (Hbf). Manche meinen, dass das mit dem Bau des übergroßen Berchtesgadener Bahnhof im Dritten Reich zu tun hat, aber der Bahnhof in Berchtesgaden hieß bereits vor der Machtergreifung des Jahres 1933 Hauptbahnhof. Warum?

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BGD Ostbahnhof

Die Frage ist leicht beantwortet, wenn man in der Berchtesgadener Bahngeschichte etwas mehr als ein Jahrhundert zurück blättert. Von 1888 bis 1907, als Berchtesgaden ausschließlich von Freilassing und Reichenhall über den Hallthurmpass per Bahn zu erreichen war, gab es nur einen Bahnhof. Somit brauchte er damals noch keinen Zusatz.

Das änderte sich, als am 16. Juli 1907 die Lokalbahnverbindung von Salzburg über Schellenberg (wie der Ort damals noch hieß) in Betrieb ging. Da gab es plötzlich in Höhe des Bräuhauses bzw. der Breitwiesenbrücke den Bahnhof „Berchtesgaden Ost“, somit einen zweiten Bahnhalt in Berchtesgaden. So war es notwendig geworden, den Endbahnhof beider Strecken nahe der Saline in „Berchtesgaden Hbf“ umzubenennen. Fahrpläne von damals bestätigen dies.

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Königsseer Bahnhof

Doch noch wichtiger war die Ergänzung geworden, als am 29. Mai 1909 die Lokalbahn zum Königssee eröffnet wurde. Weil sich die Pläne zerschlugen, diese Strecke gleich am Hauptbahnhof beginnen zu lassen (man hätte, reichlich kompliziert, zwei unterschiedliche Stromsysteme kreuzen und den Fergerlbichl untertunneln müssen), wurde stattdessen eigens jenseits der Ramsauer Ache  der Lokalbahnhof „Berchtesgaden – Königsseer Bahnhof“ errichtet. Somit befanden sich jetzt auf Berchtesgadener Gebiet gleich drei Bahnhöfe, die in ihrer Bezeichnung, betrieblich und auch tariflich unterschieden werden mussten.

Die Bezeichnung „Ostbahnhof“ hat sich auch nach der Streckenstilllegung der Lokalbahn nach Salzburg im Herbst 1938 im Sprachgebrauch der Einheimischen noch lange Zeit gehalten. Dem Lokalbahnhof „Berchtesgaden – Königsseer Bahnhof“ schlug 1970 mit Abbau aller Bahnanlagen die letzte Stunde.

Zusätzlich zu Hauptbahnhof, Ostbahnhof und Königsseer Bahnhof gab es am Salinenplatz an der Stelle, wo heute die Baywa existiert, als vierten Berchtesgadener Bahnhof noch den Güterbahnhof.

Aus heutiger Sicht wäre der Zusatz „Hbf“ für den Berchtesgadener Bahnhof eigentlich nicht mehr notwendig – schließlich gibt es nur noch diesen einen Bahnhof, wenn man mal vom „ZOB“, dem Zentral-Omnibus-Bahnhof davor absieht. Dennoch hat sich der Zusatz „Hbf“ über all` die Jahre in allen Fahrplänen gehalten.

Wer noch mehr über die Bahngeschichte Berchtesgadens erfahren möchte, der sei auf die Broschüre „Erinnerungen an die Königsseebahn – Berchtesgadener Bahngeschichte bis heute“ in 3. Auflage verwiesen. Sie ist bis auf weiteres beim „Berchtesgadener Anzeiger“ und der Buchhandlung Rupprecht in BGD, in der „Lokwelt Freilassing“ und im DB-Verkehrsmuseum Nürnberg erhältlich. Auch unter der e-mail-Adresse angerer.manfred@web.de kann sie angefordert werden.(Preis: € 3.90 + Porto).

Manfred Angerer