350 Jahre Berchtesgadener Weihnachtsschützen

Juni 2016
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Foto: Christian Wechslinger

Mindestens.
Denn aus dem Jahr 1666, heuer vor 350 Jahren, sind  zwei Urkunden erhalten, in dem dieser Brauch erstmals beschrieben wird.
1.) Ratsprotokoll Blatt 17: ... welcher gestallten zu Weihnachten, den 3 Rauhnächten, auch anderen zeiten mit unaufhörlichen plenkhen des schiessens, gar nicht die Ehre Gottes befördert, sondern nur allerhand bubereyen inmittels verübt, ...
2.) Ratsprotokoll Blatt 79: ... dass an verliedenen (vergangenen) Weihnachtsabend auch die nacht und den Tag darauf wieder das mäniglich bey Straff publizierte Verbott, sich dennoch einige des öftern schissen mit zu geringe despatis und Beschimpfung der hohen Obrigkeit sträfflich vermessen haben. ...

Ursprung dieses andernorts nicht in diesem Ausmaß tradierten Brauchs dürfte mit einer Besonderheit Berchtesgadens zusammen hängen: Berchtesgaden war eines der wenigen, wenn nicht sogar das einzige der ca. 500 Fürstentümer im Deutschen Reich, in dem Bauern verpflichtet waren zur Landesverteidigung Waffen zu tragen. 1377 heißt es: ..es solle auch jedermann auf seinen Erblehen haben seinen Harnisch zu unserer Landeswöhr... In einem undatierten Landpoth ist von Wöhren, Armprost, Spieß, überlengte Messer und Wurfpfeyl die Rede. 
Nach Aufkommen der Feuerwaffen und Erfindung des Steinfeuerschlosses 1517 dürften die Bauern im Berchtesgadener Talkessel mit Vorderladerbüchsen ausgerüstet worden sein. Diese nutzten sie offensichtlich nicht nur zur Landesverteidigung, sondern vermutlich - anders sind die Verbote kaum zu deuten - auch zur Vertreibung von Wintergeistern. Trotz aller Verbote und Strafen schießen die Berchtesgadener heute noch; derzeit über 3000 Schützen. Allerdings nicht mehr von der Obrigkeit verboten wie vor 350 Jahren, sondern als unverzichtbarer Bestandteil weihnachtlichen Brauchtums in den Berchtesgadener Bergen.
GA

Quelle: Rudolf Kriss, Die Weihnachtschützen des Berchtesgdener Landes und ihr Brauchtum