Graf Berengar - bedeutender Schwiegervater des 12. Jahrhunderts

Juli 2022

Graf Berengar I. von Sulzbach, * vor 1180, + 1125 ist in Berchtesgaden bekannt, weil er 1102 das hiesige Chorherrenstift gegründet hat. Aber was war der Grund, dass ihm und seiner Burg Kastl in der Ausstellung Rom und Byzanz in der Prähistorischen Staatssammlung München 1998/99 ein eigender Raum gewidmet wurde?

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Berengar in Kastl

Berengar I. stand in der Hierarchie König/Kaiser > Herzog > Graf zwar nur in der dritten adeligen Rangfolge, war aber einer der einflussreichsten Adeligen im Deutschen Reich des 12. Jahrhunderts, ja vielleicht sogar in ganz Europa und ganz bestimmt bedeutendster Schwiegervater seiner Zeit. Er war maßgeblich am Sturz von Kaiser Heinrichs IV. und der Einsetzung dessen Sohnes Heinrich V. beteiligt. Außerdem war er einer der wichtigsten Berater Kaiser Heinrichs V. in Reichsdingen und nahm an dessen Seite an mehreren Feldzügen teil.

Am Wormser Konkordat zwischen Kaiser Heinrich V. und Papst Calixt, in dem es um die Beilegung des fast 100 Jahre dauernden Invistiturstreits ging, fast bürgerkriegsähnlichen Zuständen um die Frage, wer Bischöfe einsetzen darf (investieren), der Papst oder der Kaiser, war er als einziger Graf neben den Großen des Reichs beteiligt.

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Einweihung Berengarplatz 2002

Berengars erste Ehe mit Adelheid von Frontenhausen-Lechsgemünd war kinderlos geblieben. Mit seiner zweiten Frau Adelheid von Dießen-Wolfratshausen hatte er sechs Kinder, von denen vier in höchste Kreise einheirateten. Das war ungewöhnlich, da man damals in den eigenen Kreisen heiratete, zeigt aber, welchen Ruf Graf Berengar I. von Sulzbach in seiner Zeit hatte. Tochter Berta wurde mit Kaiser Manuel I. Komnenos verheiratet, die damit Kaiserein des oströmischen Reichs wurde. Und Tochter Gertrud wurde Gemahlin von König Konrad III., dem Herrscher des Heiligen Römischen Römischen Reichs deutscher Nation und wurde nur deshalb nicht Kaiserin, weil Konrad zu jung starb, als dass er vom Papst zum Kaiser hätte gekrönt werden können. Schwiegervater sowohl des oströmischen wie des deutsch-weströmischen Herrschers zu sein, war der Grund warum mit Graf Berengar I., einem Grafen aus der Oberpfalz, in der Ausstellung Rom und Byzanz ein eigener Raum gewidmet war.

Aber auch zwei weitere Kinder Berengars heirateten in höhere Kreise ein. Gebhard war mit Mathilde verheiratet, Tochter des bairischen Herzogs Heinrich IX. und Tochter Luitgart wurde durch Heirat Herzogin von Niederlothringen. Dass gleich vier Kinder von Graf Berengar in höhere Kreise aufstiegen, zeigt, welchen Ruf Berengar, der "nur" ein Graf war, in höchsten politischen Kreisen genoß. (Der Vollständigkeit sei erwähnt, dass Adelheid, eine weitere Tochter Berengars Äbtissin wurde, und Tochter Mathilde Gemahlin von Engelbert, Markgraf von Istrien.)

Quellen:
* Jürgen Dendorfer: Die Grafen von Sulzbach in: Hochmittelalterliche Adelsfamilien in Altbayern, Franken und Schwaben, 2005
* Stefan Weinfurtner: Die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes in Brugger, Dopsch, Kramml (Hrsg): Geschichte von Berchtesgaden, Band I, 1991
* Gernot Anders: Graf Berengar von Sulzbach (1102) S. 18-19 in: 900 Jahre Berchtesgaden - Festschrift, 2002

Text und Bilder: Gernot Anders