Berchtesgadener Fürstpropst bei der Königswahl

Februar 2018

Jahrhundertelang wurden die deutschen Könige von den sieben (seit 1648 acht) Kurfürsten gewählt und später zu Kaisern gekrönt. Durch Doppelfunktion gehörte bei der Königswahl 1690 auch ein Berchtesgadener Fürstpropst zu den Wahlberechtigten: der 18-jährige Wittelsbacher Josef Clemens, der auch Erzbischof von Köln war und in dieser Funktion Kurfürst.

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Josef Clemens

Am 24. Januar 1690 wurde der Habsburger Kronprinz Josef zum deutschen König gewählt und am 26. Januar durch Aufsetzung der Reichskrone und Empfang des königlichen Rings mit dem Heiligen Römischen Reich „in höchster Freude vermählt“.  Er war der älteste Sohn des amtierenden Kaisers Leopold I. und ab 1705 dessen Nachfolger  (Kaiser Josef I.). Von der Königswahl gibt es ein interessantes Büchlein, welches uns dessen prunkvollen und standesgemäßen Einzug in Augsburg schildert:

Ihre kurfürstliche Durchlaucht zu Köln, Herr Josef Clemens, kam „incognito“ in Augsburg an, wo er am 26. November 1689 zur kaiserlichen Visite mit seinem Hofstaat erschien. Den Anfang machte der Kavalier Livreé-Bediente, nach ihm die Hof-Kavaliere und etliche Geistliche. Neben der fürstlichen Karosse, welche von blauem Samt mit Gold auf das Prächtigste bestickt war, ritt der Vize-Stallmeister und Garde-Hauptmann mit seinen Leib-Gardisten auf schweizerisch gekleidet. Der Kutsche folgten die Pagen mit Mänteln und roten Federbuschen, hinter ihnen die Leibgarde.

Der übrige kurfürstliche Hofstaat bestand aus (hier die Kurzfassung!):
Graf von Königsegg, Oberstkämmerer Baron von Fraunhofen, Baron von Heimhausen, Baron von Rechberg, Baron von Perfall, Baron Wiligens von Weix, Baron Gottlieb von Fraunhofen, Baron Wolf Adam von Fraunhofen, Graf Max Fugger, Graf Franz Fugger, Baron von Liechtenau, Marquis Bommo, Baron von Berndorf, Herr von Schönheim, Herr Jonner, kurkölnische Kavaliere, Dompropst Baron Zeller, 4 Domherren von Freising und Regensburg, kurkölnische Truchsessen (= Küchenmeister), Beichtväter samt Diener, Edelknaben samt Hofmeister und Diener, Hofkaplan samt Diener, Legations-Sekretär samt Diener, Geheimer Kammer-Sekretär samt Boten, italienische Sekretäre, Expeditor und Registrator, Kammer-Sekretäre, Kanzlisten, Kassier samt Schreiber, Kammer-Diener samt Diener, Kammer-Fourier, Hof-Fourier, Kammer-Portier, Kammer-Knecht samt Jungen, Hof-Barbier, Büchsenspanner, Kammer-Jungen, Hof-Lakaien, Läufer, Heyducken, Trompeter samt 2 Paukern, Küchenkontrolleur samt Ausgeber und Schreiber, Kellermeister samt Gehilfen, Zehr-Gärtner samt Schreiber, Sumelier und Kellerbinder, Einkäufer samt Gehilfen, Mund-Köchin samt Mädchen, Leinwand-Meisterin samt Mädchen, Mund-Koch, Konfekt-Meister, Neben-Köche, Küchen-Jungen, Silber-Diener samt Silber-Wäscher, Extra Silber-Diener, Tafel-Decker, Hof-Metzger samt Knecht, Hof-Fischer samt Knecht, Geflügel-Warte und Einheizer, Futter-Meister samt Schreiber und Knecht, Sattel-Knecht, Schmied-Knechte, Sattler, Futter-Knechte, Stall-Knechte, Klepper-Jungen (= Pferdeknechte), Kostgeher, 56 Berittene Leibgarde, 30 Leibgardisten

Kutschen und Fuhrwagen 
6  Leib-Kutschen, 9 Kammerherren-Kutschen, 2 Geheimrats-Kutschen, 1 Beichtvaters-Kutsche, 1 Hof-Kaplans-Kutsche, 1 Sekretär- und Kanzlisten-Kutsche, 1 Leibschneider- und Portier-Kutsche, 1 Küchenkontrolleur und Zehr-Gärtner-Kutsche, 1 Mundkochs-Kutsche, 1 Silber-Diener-Kutsche, 6  kurfürstliche Güterwagen, 4 Kavalier-Wagen, 2 Geheimkanzlei-Wagen, 5 Leibgardisten-Kutschen, 1 Diener-Wagen, 1 Leibgarde-Bogenschützen-Wagen, 1 Keller-Fuhre, 1 Zehr-Gärten-Fuhre, 1 Sumelier-Fuhre, 1 Silber- und Zierfuhre, 1 Küchen- und Geschirrfuhre, 1 Tafel- und Stuhlfuhre, 1 Geflügelfuhre , 1 Fleischfuhre, 1 Fischfuhre, 1 Stallfuhre 

Insgesamt bestand der Tross von Kurfürst  Josef Clemens aus 568 Personen, 448 Pferden und  53 Kutschen  bzw. Wagen.                              

Der gesamte Hofstaat benötigte mehrere Wochen für An- und Abreise. Der Aufenthalt in Augsburg dauerte über 2 Monate. Während dieser Zeit mussten alle untergebracht und verpflegt werden. Diesen enormen Aufwand war der Kurfürst seiner hervorgehobenen Stellung im Reich schuldig. Er kostete Unsummen, wofür sicher auch Gelder aus Berchtesgaden herhalten mussten.