Ein Triumphbogen in der Polizeistation

Januar 2023

Die Villa Bayer gilt gemeinhin als schönste Polizeidienststelle Deutschlands. Ob das stimmt, sei jedem selbst überlassen. Ansprechend ist der Bau im Heimatstil des Historismus auf jeden Fall. Entworfen hat die Villa Bayer, und somit wahrscheinlich auch das Pförtnerhäuschen, Architekt Warschek 1874 im Auftrag des Prager Großkaufmannes Josef Bayer. Interessant ist das Pförtner- oder Bedienstetenhäuschen an der Bayerstraße, gleich gegenüber vom Haus der Berge.

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Pförtnerhäuschen neben der Villa Bayer

Denn seine Eingangssituation greift formal weit in die Vergangenheit zurück. Der rundbogige Eingang, der von zwei ebenso rundbogigen kleineren Fenstern umrahmt wird, zitiert die römischen Triumphbögen. Nanu, wird mancher sich nun fragen, was hat ein römischer Triumphbogen in Berchtesgaden verloren? Eigentlich nichts, doch im Historismus Ende des 19. Jahrhunderts griff man gerne in die Architekturgeschichte und verwendete alles, was man als schön und passend ansah. Das Triumphbogenmotiv hatte allerdings im Laufe der Zeit einen Zwischenstop in der Renaissance eingelegt, dank dem es nun bis in das Heute fortbesteht. Es war der Renaissance-Architekt Andrea Palladio (1508-1580), der den Bautypus der Villa, wie wir ihn heute kennen, erst erfunden hat. In seinen Bauten griff er gerne auf dieses Motiv zurück und darum ist es gemeinhin als Palladio-Motiv bekannt. Manchmal wird es auch Serlio-Motiv nach dem Architekturtheoretiker Sebastiano Serlio, oder auch Venezianisches Fenster genannt. Witzigerweise verwendeten die amerikanischen Architekten Philip Johnson und John Burgee bei ihrem At&T Wolkenkratzer in New York genau das gleiche Motiv. Somit besteht ein direkter, zugegeben rein formaler, Zusammenhang zwischen einem New Yorker Wolkenkratzer und dem kleinen Pförtnerhäuschen der Villa Bayer.

Christoph Merker