Berchtesgadener Wappen im Landkreis Erding?

März 2023

Wer Ortsnamen wie Grüntegernbach oder Wasentegernbach hört oder liest, wird nicht unbedingt einen Zusammenhang mit Berchtesgaden erkennen. Doch wer ganz schnell „Nachhilfe“ bekommen möchte, der setze sich mit unserer Berchtesgadener Nachtwächterin Anna Glossner in Verbindung – sie stammt nämlich von dort  und organisiert immer wieder einmal Theaterfahrten dorthin. Die Wasentegernbacher haben nämlich eine sehr aktive Volksbühne des Trachtenvereins.

Sie wird voll Stolz berichten, dass möglicherweise ihre Vor-Vor-Vorfahren  als Pfleger in Diensten der Fürstpropstei Berchtesgaden standen und in der Wasentegernbacher Pfarrkirche St. Sebastian bestattet sind.

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Wasentegernbach bei Dorfen

Welche Zusammenhänge bestanden also zwischen der reichsunmittelbaren Fürstpropstei Berchtesgaden und dem Landstrich östlich des heutigen Mittelzentrums Dorfen am Flüsschen Isen?

Nachdem interessanterweise Mitte des 16. Jahrhunderts  der letzte Wasentegernbacher Burgherr Aham vom Adelsgeschlecht der Laiminger große Sympathie für die neue Lehre Martin Luthers zeigte, stieg die protestantische Anhängerschaft auch bei seinen Untertanen beträchtlich. Eine ungute Situation im ansonsten wittelsbachischen Umland. War das eine Gelegenheit für den 38. Berchtesgadener Fürstpropst Jakob II. Püttrich (1567 – 1594), die in Glaubensfragen labile Besitzung günstig zu erwerben? Schließlich hatte er Mitinteressenten: den Herzog von Bayern und den Fürstbischof von Salzburg. 1582 verkaufte Aham seinen Besitz in Wasentegernbach „mit Land und Leuten“ an Püttrich II. und so wurde Wasentegernbach ein Besitz der reichsunmittelbaren Fürstpropstei Berchtesgaden und blieb es 221 Jahre lang bis zur Säkularisation.

Da der Fürstpropst von Berchtesgaden meist auch Bischof von Freising war, wurde Wasentegernbach zusammen mit den bischöflich-freisingischen Besitzungen verwaltet. Der Vorteil: die jeweiligen Amtmänner konnten z. B. Steuerangelegenheiten und Verheiratungen in eigener Zuständigkeit erledigen.

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Wasentegernbach: Wappen

Wasentegernbach war für den Berchtesgadener Stiftshaushalt weniger in finanzieller Hinsicht als unter dem Aspekt der Naturalienlieferung von Bedeutung. In der Flussniederung der Isen fand sich nämlich ein sehr fruchtbares Ackerland. Und so kam von dort nicht nur Getreide, das dann in unserem Aschauer Zehentstadel eingelagert wurde, sondern vor allem auch Kraut und Rüben.  Den Anbau überwachte ein vom Fürstpropst eingesetzter Pfleger. Für den Transport mussten wiederum Berchtesgadener Untertanen mit ihren Fuhrwerken den Frondienst leisten. Sie waren tagelang unterwegs bei einer Entfernung von ca. 160 Kilometern.

Als Erinnerung an diese Epoche der Zusammengehörigkeit bleibt die Besonderheit, dass Wasentegernbach dasselbe Gemeindewappen wie Berchtesgaden besitzt. Daran hat auch nicht die Gemeindegebietsreform von 1972/73 etwas geändert, als Wasentegernbach zur Stadt Dorfen kam.

Quellen:   Gemeindechronik von Wasentegernbach von Hermann  Kerschbaumer
              und Chroniktafel am Dorfplatz

Text: Manfred Angerer